Verkehrsrecht: Urteile zur Nutzung von Dashcams, Teil 3

Urteilssammlung zu Dashcams

Der erste Teil befasst sich mit den Urteilen des AG München aus 2013 und 2014 und dem Urteil des VG Ansbach.
Den zweiten Teil bilden die Urteile des LG Heilbronn und des AG Nienburg.
Der dritte Teil der Urteilszusammenfassungen behandelt die Urteile des LG Stuttgart und des AG Nürnberg die Ihre Urteile unter Zuhilfenahme von Dashcams gefällt haben.

LG Stuttgart, Urteil vom 03.02.2015, Az.: 26 O 338/13

In diesem Verfahren, einem Zivilverfahren, streiten die Parteien über den tatsächlichen Unfallhergang. Es geht um einen Auffahrunfall innerorts. Der Kläger sagt der Beklagte habe ihn rechts überholt, sei mit seinem Auto vor das Auto des Klägers gefahren und habe eine Vollbremsung gemacht. Der Beklagte sagt er sei schon länger vor dem Kläger gefahren als er bremsen musste und der Kläger sei ihm außerdem zuerst ins Auto gefahren.
Der Beklagte hatte eine Dashcam in seinem Auto. Diese hat ein Sachverständiger im Rahmen des (unabhängig vom Zivilverfahren durchgeführten) Strafverfahrens ausgewertet. Dieses Gutachten und die Aussage des Gutachters wurden im Zivilprozess herangezogen. Zudem wurde das Video der Dashcam im Prozess in Augenschein genommen. Das Gericht hat daraus geschlossen, dass die Darstellung des Unfalles durch den Kläger richtig gewesen ist.
Leider äußert sich das Gericht gar nicht dazu warum es die Aufnahme der Dashcam für verwertbar hält. Es verwertet diese einfach.
-> Verwertbarkeit: (+)

AG Nürnberg, Urteil vom 08.05.2015 Az.: 18 C 8938/14

In diesem Verfahren, einem Zivilverfahren, streiten die Parteien über die Schadensquotelung nach einem Verkehrsunfall. Die Parteien schildern das Zustandekommen des Unfalls komplett gegensätzlich.
Das Amtsgericht Nürnberg zieht zur Beurteilung des Unfalles die Aufnahmen der Dashcam mit heran.
Ein generelles Beweisverwertungsverbot verneint das Gericht. Das Gericht bezweifelt zudem generell die Anwendbarkeit des § 6b BDSG, mit dem von vielen Gerichten die Unzulässigkeit der Verwertung bisher begründet wurde. Dieser sei seinem Wortlaut nach nur auf stationäre Anlagen anwendbar.
Auch aus § 22 KunstUrhG folgert das Gericht kein Verbot der Verwertung. Dieser verbiete nicht die Erstellung der Aufnahmen, sondern richtet sich hauptsächlich gegen die Verbreitung der Aufnahmen. Wirklich verbreitet würden die Aufnahmen durch die Vorführung bei Gericht nicht. Vielmehr folgert das Gericht sogar eine Zulässigkeit der Veröffentlichung durch das Gericht aus § 24 KunstUrhG zum Zweck der Rechtspflege.
Das Gericht sieht zudem einen Verstoß gegen einfaches Recht nicht als ausreichend an für ein generelles Beweisverwertungsverbot.

Dennoch hat das Gericht in Nürnberg bezüglich der Verwertung im konkreten Fall zusätzlich eine Interessenabwägung vorgenommen. Es hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gefilmten gegen das Interesse des Filmenden an der Verwertung abgewogen. Das Gericht sieht die, in vielen Gerichtsentscheidungen zitierten, im Vorbeifahren aufgenommenen Personen als durch die Aufzeichnung kaum betroffen an. Diese würden lediglich anonym erfasst, ohne dass weitere Daten zu diesen vorlägen. Daher habe die Aufzeichnung diesen gegenüber keine Eingriffsqualität.
Der Nutzer der Dashcam hat wiederum, da sich die Sachverhaltsdarstellungen so grundsätzlich unterscheiden, ein besonders starkes Interesse an der Auswertung der Aufzeichnung.
Auch findet das Gericht es wichtig seine Entscheidung basierend auf dem tatsächlichen Sachverhalt treffen zu können. Nur so könne eine materiell richtige Entscheidung getroffen werden.
Dem gegenüber werde in die Rechte des Betroffenen nicht so stark eingegriffen. Er selbst sei auf der Aufnahme gar nicht zu erkennen. Die Aufzeichnung sei auch nur sehr kurz. Eine Herabwürdigung des Gefilmten findet durch die Aufnahme nicht statt.
Daher bejaht das Gericht auch ein Überwiegen des Interesses des Dashcam Nutzers gegenüber den Interessen des Gefilmten.
-> Verwertbarkeit: (+)

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