Verkehrsrecht: Urteile zur Nutzung von Dashcams, Teil 1

Urteilssammlung zu Dashcams

Dieser erste Artikel zum Thema Dashcams befasst sich mit den bekannt gewordenen Urteilen aus 2013 und 2014.
Im zweiten Teil finden Sie Ausführungen zu den Urteilen aus 2015 die in Heilbronn und in Nienburg ergangen sind.
Der dritte Teil schließlich befasst sich mit Urteilen die in Stuttgart und in Nürnberg ergangen sind.

AG München, Urteil vom 06.06.2013 Az.: 343 C 4445/13

In diesem Verfahren, einem Zivilverfahren, streiten die Parteien um Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall. Der Kläger war mit dem Rad unterwegs und wurde vom Beklagten überholt. Auf der Kreuzung hat der Beklagte gebremst und der Kläger ist gestürzt.
Das Amtsgericht München hat die Filmaufnahmen für verwertbar erachtet.
Es begründet dies mit dem Interesse des Betroffenen an der Sicherung von Beweisen. Das Gericht argumentiert, dass es keinen Unterschied machen kann ob Aufnahmen während oder nach dem Ereignis erstellt werden. Die Rechte Dritter sieht das Gericht nicht als verletzt an. Ihre Rechte werden durch die Aufzeichnung und Speicherung nicht verletzt. Wer im öffentlichen Raum unterwegs ist muss damit rechnen zufällig, als Beiwerk, Teil von Filmaufnahmen zu werden. Die Verletzung entsteht erst durch die Veröffentlichung. Dies ist erst die Vorlage bei Gericht. Dabei ist der Vorlegende gerechtfertigt, da sein Interesse überwiegt.
-> Verwertbarkeit (+)

AG München, Beschluss vom 13.08.2014 Az.: 345 C 5551/14

Aus dem Hinweisbeschluss des Amtsgerichtes geht nicht hervor worüber sich die Parteien streiten. Einzig klar wird, dass es ein Zivilverfahren war.
Das Amtsgericht hat die Verwendung von Dashcams generell für unzulässig erachtet. Verbotswidrig erlangte Beweismittel sind nur ausnahmsweise als Beweis verwertbar. Ein Verbot der Verwertung ist aber schon dann gegeben, wenn die Aufnahmen unter Verstoß gegen eine einfachgesetzliche Norm erstellt worden sind.
Das Gericht bejaht einen Verstoß gegen §6b BDSG. Durch die Dashcam wird der öffentliche Raum anlasslos und dauerhaft überwacht. Zudem fürchtet das Gericht, dass, wenn man eine Verwendung als Beweismittel allgemein zulassen würde bald alle Autos mit Kameras ausgestattet wären. Die Bilder würden dann auf Facebook veröffentlicht und Personen würden per Gesichtserkennungssoftware automatisch erkannt und es könnten Profile dieser Personen angelegt werden.
Zudem sieht das Gericht einen Verstoß gegen §22 KunstUrhG als gegeben an. Danach dürfen Bilder nur mit Einwilligung des Betroffenen öffentlich zur Schau gestellt werden. Das Gericht sieht in der Vorlage beim Gericht ein öffentliches zur Schau stellen.
Außerdem sieht das Gericht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als verletzt an. Informationelle Selbstbestimmung bedeutet, dass jeder das Recht hat über die Preisgabe seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen. Ein solcher Eingriff bedarf, um zulässig zu sein, eines Rechtfertigungsgrundes. Einen Rechtfertigungsgrund verneint das Gericht. Es stuft das Recht des Unfallgegners auf informationelle Selbstbestimmung als höher ein als die zu erwartenden Beweisprobleme.
-> Verwertbarkeit (-)

VG Ansbach, Urteil vom 12.08.2014 Az.: AN 4 K 13.01634

In diesem Verfahren, einem Verwaltungsverfahren, ist der Kläger gegen einen Bescheid des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vorgegangen. Dieses hatte ihm gemäß § 38 BDSG die Nutzung einer Dashcam wegen Verstoßes gegen § 6b BDSG untersagt. Mit dieser Dashcam hatte der Kläger den vor ihm fahrenden Verkehr aufgezeichnet. Die Aufzeichnung wurde automatisch immer wieder überschrieben.
Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid aufgehoben. Allerdings nur aus formellen Gründen, wegen fehlender Bestimmtheit und fehlender Ermessensausübung.
Das Verwaltungsgericht hat in der Aufzeichnung die nicht automatisierte Erhebung personenbezogener Daten gesehen.
Eine Untersagung könne nicht auf § 38 V 1 BDSG gestützt werden, da dieser nur der Beseitigung von Mängeln im Erhebungsverfahren dient.
Sie hätte auf § 38 V 2 BDSG gestützt werden können. Dafür fehlt es aber an der Bestimmtheit und der Ausübung von Ermessen. Bestimmtheit bedeutet, dass eine Feststellung die im Bescheid getroffen wird auch vollstreckt werden könnte. Dazu wäre eine genauere Bezeichnung der Kamera notwendig gewesen. Ermessen hat die Behörde bei ihrer Entscheidung gar nicht ausgeübt.
Trotz der Aufhebung des Bescheides hat das Gericht in der Nutzung der Kamera grundsätzlich einen Verstoß gegen § 6b BDSG gesehen. Die Kamera wurde zur dauerhaften Überwachung öffentlicher Räume genutzt. An dieser Überwachung besteht zwar ein berechtigtes Interesse des Klägers. Dennoch ist eine Interessenabwägung mit den Interessen der heimlich aufgezeichneten vorzunehmen. Das Gericht sieht diese auch nicht lediglich als Beiwerk. Gegen die Zulässigkeit der Nutzung spricht auch, dass die Aufzeichnung heimlich erfolgt und der Kläger selbst steuern kann wie lange er einzelne Personen aufzeichnet. Außerdem haben die meisten der aufgezeichneten Personen keinen Anlass dazu gegeben aufgezeichnet zu werden. Daher überwiegen die Interessen der Aufgezeichneten das Interesse des Dashcamnutzers.
-> Verwertbarkeit (-)

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